Geschichte einer Handelsvertretung

Ich habe 10 Jahre lang als so­ge­nannter „Pro­moter“ für eine euro­pa­weit tätige Handels­marketing­agentur gear­beitet. Grundlage die­ser selbst­ständi­gen Tätig­keit waren ‚Ein­zel­aufträge‘; ei­nen schrift­lichen Rahmen­ver­trag gab es nicht. In den Auf­trä­gen wur­den „Ab­ver­kaufs­pro­mo­tions“ an be­stimm­ten Ta­gen in un­ter­schied­li­chen Ein­zel­han­dels­out­lets ver­ein­bart. Nach je­dem Pro­jekt­tag muss­te ich den er­ziel­ten Ver­kaufs­er­folg do­ku­men­tie­ren und in­ner­halb von 24 Stun­den per Fax und On­line an die Auf­trag­ge­be­rin ü­ber­mit­teln. Die da­für ver­ein­bar­te Ver­gü­tung wur­de als „Kos­ten­ü­ber­nah­me“ be­zeich­net, ein Pau­schal­be­trag je Ein­satz­tag, oh­ne er­folgs­ab­hän­gige Kom­po­nente.

Etwa jähr­lich hat der Auf­trag­ge­ber an un­ter­schied­li­chen Or­ten in der Bun­des­re­pu­blik Pro­dukt­schu­lungen ver­an­stal­tet. Da­für wur­den je­weils nur Fahrt­kos­ten er­stat­tet. Im Üb­ri­gen wa­ren on­line Selbst­lern­por­ta­le der Pro­dukt­her­stel­ler zu­gäng­lich. Von Prä­mien­pro­gram­men die­ser Por­ta­le, die Mit­ar­bei­tern des Ein­zel­han­dels An­reiz bo­ten, die Schu­lun­gen und Tests zu ab­sol­vie­ren, wa­ren Pro­mo­ter aus­ge­schlos­sen. Jeder ein­zel­ne Ter­min wur­de ge­gen­sei­tig ab­ge­stimmt und konn­te auch nach­träg­lich stor­niert wer­den - ein zu­sätz­li­ches Ri­si­ko für Auf­trag­neh­mer. Es war kein wö­chent­li­ches o­der mo­nat­li­ches Ar­beits­pen­sum ver­ein­bart, da­her konn­te die Auf­trag­ge­ber­in nicht wie ein Ar­beit­ge­ber ein­sei­tig ei­nen Tag be­stim­men, an dem ei­ne Leis­tung er­bracht wer­den muss­te. An­de­rer­seits be­stand auch nach lang­jäh­ri­ger Zu­sam­men­ar­beit kein An­spruch auf die Er­tei­lung von Auf­trä­gen in ir­gend­ei­ner Re­gel­mä­ßig­keit o­der et­wa Kün­di­gungs­schutz. In Kri­sen­zei­ten war das Auf­trags­in­ter­vall lücken­haft und die Ver­ein­ba­rung un­zu­ver­läs­sig. Leistungen, die in ei­nem Ar­beits­ver­hält­nis ge­schul­det sind, wur­den nicht be­zahlt; es gab al­so kein Ur­laubs- o­der Kran­ken­geld, kei­ne Pflicht­bei­trä­ge zur Kran­ken-, Ren­ten- o­der Ar­beits­lo­sen­ver­si­che­rung, ver­mö­gens­wirk­sa­men oder sons­tige ty­pi­sche Leis­tungen der Ar­beit­ge­ber ge­gen­ü­ber Ar­beit­neh­mern.

Das ver­ein­­bar­­te Zah­­lungs­­ziel hat ohne Skon­­to 50, spä­­ter 30 Ta­ge nach Rech­­nungs­­stel­­lung be­­tra­gen. Ver­ein­­zelt gab es klei­­ne­­re Ab­­zü­ge für ver­­meint­­li­che oder tat­­säch­­li­che Män­gel, bei­­spiels­­wei­se ver­­späte­­te Be­­stä­­ti­gung der An­­kunft am Ein­­satz­­ort o­der ver­­spä­­tet über­mit­telte oder beim Auf­trag­geber nicht ein­ge­gange­ne Ab­­ver­kaufs­­zah­len.

Die verein­barte Kos­­ten­­ü­ber­­nah­me war der ein­­zi­ge Lohn für die Tä­tig­­keit. Auf die ver­­kauf­­ten Ar­­ti­kel und so er­ziel­te Tages­um­sätze wur­de kei­­ne Pro­vi­­sion be­­zahlt. Es wur­de al­so nicht ü­ber ei­ne Ver­­gü­tung in Be­­zug auf An­­zahl und Wert der ver­­mit­­tel­ten Ge­­schäf­te ab­­ge­­rech­net.

Ins­ge­samt ha­be ich die Tä­tig­keit an ü­ber 500 Ta­gen aus­ge­übt und be­trächt­li­che Um­sät­ze für die je­weils ver­tre­te­nen Mar­ken er­zielt. Seit 2016 be­trei­be ich vor un­ter­schied­li­chen Ge­rich­ten und bei Be­hör­den Kla­ge auf Pro­vi­sions­an­sprü­che aus die­ser Tä­tig­keit.

Die Begrün­det­heit und den si­cher­lich un­ge­wöhn­li­chen Ver­fah­rens­gang mei­nes Rechts­streits in Be­zug auf ei­ne der grund­le­gen­den Fi­gu­ren des Han­dels­rechts, le­ge ich im Fol­gen­den für die All­ge­mein­heit dar.